Das FSV-Planungsseminar widmet sich diesmal der Nutzungsvielfalt des öffentlichen (Straßen-)Raums. Dabei geht es um Nutzungen, die räumliche Ansprüche inkludieren. Ansprüche und Interessen an den öffentlichen Raum gab es schon immer und diese selbst sind einem steten Wandel unterworfen. Dies ist augenscheinlich erkennbar, wenn man historische Straßenbilder aus dem 19. Jahrhundert mit jenen der 1970er Jahre oder mit heute vergleicht. Auch gegenwärtig kann man die Dynamik dieses Prozesses feststellen, welche durch veränderte Lebensgewohnheiten, sich ändernden Rahmenbedingungen und Leitbildern hervorgerufen werden.
Wir wollen uns daher mit den Fragen beschäftigen: Sind unsere verkehrsplanerischen Werkzeuge und Lösungen fit für und anschlussfähig an diese Entwicklungen? Wie kann man diesen Ansprüchen genüge tun, speziell bei begrenzten räumlichen Ressourcen wie zum Beispiel in Ortszentren? Wo sind die Grenzen des Machbaren und wie kann eine Priorisierung oder Ausbalancierung der Interessen aussehen? Neben Vorträgen zu aktuellen Entwicklungen verschiedener Nutzungsaspekte werden auch einige Praxisbeispiele dazu präsentiert werden. Die zwei Tage beinhalten einen Mix aus Impulsvorträgen und darauf reflektierenden Workshops und Gruppendiskussionen bestehen. Es soll ausreichend Zeit zum Gedankenaustausch innerhalb des offiziellen Programms aber auch abseits davon vorhanden sein.
Weiterer Raumbedarf
Heiltherme Bad Waltersdorf, Thermenstraße 111, 8271 Bad Waltersdorf, Steiermark
Intro zu Eugene's Vortrag:
Schwerpunkt
des Vortrags ist die bessere Nutzung von Straßen als die von Autos.
Eugene möchte experimentelle, spielerische und neue Wege feiern, auf
denen so viel öffentlicher Raum in etwas für die Menschen
verwandelt werden kann – und das in einer sicheren, offenen und
ökologischen Art.
Es
ist eine neue Denkweise, ebenso wie ein praktischer Leitfaden für
alternative Nutzungsmöglichkeiten von Asphalt. Es geht darum, die
Bürger in die Lage zu versetzen, sich den Raum zu eigen zu machen.
Natürlich gibt es Regeln zu befolgen - oder zu ändern, aber dies
ist auch eine Gelegenheit, sich von altmodischem Denken zu befreien.
Und das Gleichgewicht zwischen Bürgern, Behörden und Autos zu
verändern.
Wir
werden uns mit dem Trend zu Pop-up-Veranstaltungen, Feiern unter
freiem Himmel, aber auch mit Parklandschaften, Schanigärten und
grüneren Beserlparks im städtischen Raum befassen. Was können
Lastenräder innerhalb von 5 Minuten in einen Raum bringen? Wie
können Cafés zu Indoor-/Outdoor-Veranstaltungen, Tanzkursen oder
Public Viewings geöffnet werden?
Welche
Möglichkeiten sehen wir in der Post-Corona-Zeit, um unsere Städte
in etwas Gesünderes, Soziales und Spannendes zu verwandeln? Auf der
ganzen Welt gibt es spannende Pilotprojekte, um die Straßen mit
etwas Farbenfroherem und Freundlicherem als parkenden Autos zu
füllen. Können wir hier Fußball spielen oder dort tanzen,
Rollschuh laufen oder Bäume pflanzen? Das sind hippe Entwicklungen,
mit denen eine Stadt zeigen kann, wie zeitgemäß und lebensnah sie
für ihre Bewohner ist. Oder auch nicht.
Eugene
Quinn und sein politisches Kollektiv Whoosh
waren an vielen Straßenveranstaltungen in Wien beteiligt, wie der
Silent
Disco,
dem Streetlife
Festival,
Wohnstrassenleben
und einer Massentanzveranstaltung im #kommraus
- Forum Öffentlicher Raum
im Jahr 2019.
Was
kann man von der Tactical
Urbanism-Bewegung
in den USA lernen? Man soll alles als ein Experiment oder einen Test
oder ein Pilotprojekt präsentieren und dann beobachten, wie sich das
entwickelt. Einige dieser Veränderungen sind vorübergehend, andere
dauerhaft. Einige erweisen sich als so populär, dass sie zur neuen,
attraktiven Normalität werden. Natürlich wird es Widerstand geben -
die Autolobby ist stark, wütend und konservativ. Auf welcher Seite
steht die Stadtverwaltung, gesunde Menschen oder schnelle Autos?
Wir müssen abenteuerlustig sein. Die Geschichte der Innovation besteht darin, dass Optimisten Dinge ausprobieren, manchmal scheitern, aber nicht aufgeben. Und die Geschichte der Menschheit ist mehr oder weniger endloser Fortschritt. Die meisten Menschen, die unsere gegenwärtige Situation analysieren, können erkennen, dass so viele geparkte Autos eine Verschwendung von Platz, Metall und Energie sind. Es gibt attraktive Alternativen.
Können
Stadtverwaltungen es den Menschen erleichtern, Veranstaltungen zu
organisieren? Wien entwickelt einen digitalen One-Stop-Shop, Wien
Gibt Raum,
wo es die Möglichkeit besteht eine Webseite auszufüllen und somit
den eigenen Projekt zu beschreiben: Die Behörde wird nach Eintragung
des Projektes alle erforderlichen Genehmigungen einholen. Projekte
sollten idealerweise eine Zusammenarbeit zwischen verschiedenen
Gruppen sein, so dass es eine breitere Beteiligung, Sichtbarkeit -
und Transparenz gibt.
Dass
einige Leute eine Initiative ablehnen, zeigt, dass es sich um etwas
Neues und Wichtiges handelt. Das Gürtelfrische
#West
Freibad am Gürtel zeigt dies ebenso wie das Pop-up
Radweg
an der Praterstrasse. Der Trend zu Pop-up-Shops und Strassenmärkten
zeigt, dass die Öffentlichkeit gut auf Innovationen reagiert, und
das zeigt sich auch an den Zwischennutzungen für leerstehende
Gebäude und der Störung so vieler digitaler Startups.
Es
gibt Macht und Befreiung, Ungezogenheit und Rebellion, wenn man auf
die Straße geht, sei es, um mit Freunden Fußball zu spielen oder zu
demonstrieren, dass Schwarz Materie lebt. Mitten in der Nacht gehen
die Menschen oft spontan mitten auf der Straße nach Hause. Aber wie
können wir visuell vermitteln, dass Straßen auch für Menschen da
sind und sie spannender machen? Mit Kunst, Möbeln, Natur und Wasser.
Und mit Musik.
Früher
waren die Straßen voller Menschen, und dies zu erkennen, ist
nützlich, um zu zeigen, dass die Dominanz der Autos ein
kurzfristiger historischer Moment ist. Wir werden uns einige alte
Bilder von Menschen ansehen, die auf dem Ring zwischen Straßenbahnen
hin- und herlaufen, oder von Kindern, die vor ihrem Haus spielen. Der
Brunnenmarkt ist der längste Straßenmarkt in Europa, und die
Menschen haben zu Silvester jahrzehntelang den Walz am Graben
getanzt. Auch Wien erlebt nun in Leopoldstadt seine erste Wende
Strasse-zum-Park.
Die Stadt verbindet auch Klimakollaps und neue Straßennutzungen mit
ihrem Sommer-Remix Coole
Straßen
in einigen der städtischen Hitzeinseln der Stadt.
Dieses
Vortragsthema wurde Eugene im vergangenen September vergeben, aber es
könnte für diesen Corona-Sommer nicht relevanter sein. Das Thema
entwickelt sich im Moment fast täglich weiter. Und natürlich ist
es ein wichtiges Thema im Hinblick auf den Klimawandel, da die
Temperaturen steigen und sich die Stadt zunehmend ins Freie
verlagert. Wien ist eine schnell wachsende Stadt, aber die Größe
des Stadtgebietes nimmt nicht zu, stattdessen werden wir immer
dichter leben. Der öffentliche Raum wird also voller und wichtiger.
Die Menschen brauchen ihn, und doch nehmen die Autos das meiste davon
ein. Und auch in sozialer und politischer Hinsicht ist der
öffentliche Raum der Ort, an dem wir unsere Filterblase platzen
lassen und der vielfältigen Stadt begegnen. Eugene wird also den
weiteren Kontext darstellen, warum diese Veränderungen von Bedeutung
sind.
Auch
der öffentliche Sport spielt eine wichtige Rolle bei der Öffnung
der Straßen: Marathonläufe, Radrennen oder auch
Flash-Mob-Tanzprojekte und Public Viewings während großer
Fußballturniere.
Eugene möchte weiters auch zeigen, wie die Presse eine konstruktive Rolle spielen kann, um neuen Initiativen einen Kontext und ein Kampagnenelement hinzuzufügen. Er wird zeigen, wie seine Erfahrungen an Ihre Stadt und ihre lokalen Medien weitergegeben werden können.
Die Klimakatastrophe kommt sehr schnell auf uns zu und erfordert gewaltige Veränderungen, um das Überleben unseres Lebens, so wie wir es kennen, zu ermöglichen. Aber wir müssen dies so gestalten, dass wir die Straßen für kreatives Spiel zurückerobern - und deshalb werden wir uns mit der best practice auf der ganzen Welt befassen.