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Forschungsgesellschaft Straße Schiene Verkehr Planungsseminar 2020

  • Do. 10.09.2020 — 11.09.2020 14:30
  • 11:00
  • 3 h 30 mins
  • +43 680 1254 354, Eugene Quinn
  • ionicons-v5-o eugene@whoosh.wien
  • German

Das FSV-Planungsseminar widmet sich diesmal der Nutzungsvielfalt des öffentlichen (Straßen-)Raums. Dabei geht es um Nutzungen, die räumliche Ansprüche inkludieren. Ansprüche und Interessen an den öffentlichen Raum gab es schon immer und diese selbst sind einem steten Wandel unterworfen. Dies ist augenscheinlich erkennbar, wenn man historische Straßenbilder aus dem 19. Jahrhundert mit jenen der 1970er Jahre oder mit heute vergleicht. Auch gegenwärtig kann man die Dynamik dieses Prozesses feststellen, welche durch veränderte Lebensgewohnheiten, sich ändernden Rahmenbedingungen und Leitbildern hervorgerufen werden.

Wir wollen uns daher mit den Fragen beschäftigen: Sind unsere verkehrsplanerischen Werkzeuge und Lösungen fit für und anschlussfähig an diese Entwicklungen? Wie kann man diesen Ansprüchen genüge tun, speziell bei begrenzten räumlichen Ressourcen wie zum Beispiel in Ortszentren? Wo sind die Grenzen des Machbaren und wie kann eine Priorisierung oder Ausbalancierung der Interessen aussehen? Neben Vorträgen zu aktuellen Entwicklungen verschiedener Nutzungsaspekte werden auch einige Praxisbeispiele dazu präsentiert werden. Die zwei Tage beinhalten einen Mix aus Impulsvorträgen und darauf reflektierenden Workshops und Gruppendiskussionen bestehen. Es soll ausreichend Zeit zum Gedankenaustausch innerhalb des offiziellen Programms aber auch abseits davon vorhanden sein.

Weiterer Raumbedarf

  • Die Aneignung des öffentlichen Raums durch private Initiativen : Eugene Quinn, space and place
  • Neuer Raumbedarf für ein sich änderndes Klima: Stefan Schmidt, HBLFA Gartenbau Wien
  • Kunst im öffentlichen Raum -bleibt Platz für Kultur?: Martina Taig, Kunst im öffentlichen Raum GmbH
  • Das Spielraumkonzept: Berücksichtigung des Platzbedarfs von Kindern und Jugendlichen: DI Bettina Epple, Marktgemeinde Lustenau

Heiltherme Bad Waltersdorf, Thermenstraße 111, 8271 Bad Waltersdorf, Steiermark

http://fsv.at/cms/startliste.aspx?ID=ea3fd13c-d237-4488-ae07-83c57d087b43&Art=2&ID2=605c571c-178a-45b5-9a7e-5e914c05fe36

Intro zu Eugene's Vortrag:

Schwerpunkt des Vortrags ist die bessere Nutzung von Straßen als die von Autos. Eugene möchte experimentelle, spielerische und neue Wege feiern, auf denen so viel öffentlicher Raum in etwas für die Menschen verwandelt werden kann – und das in einer sicheren, offenen und ökologischen Art.

Es ist eine neue Denkweise, ebenso wie ein praktischer Leitfaden für alternative Nutzungsmöglichkeiten von Asphalt. Es geht darum, die Bürger in die Lage zu versetzen, sich den Raum zu eigen zu machen. Natürlich gibt es Regeln zu befolgen - oder zu ändern, aber dies ist auch eine Gelegenheit, sich von altmodischem Denken zu befreien. Und das Gleichgewicht zwischen Bürgern, Behörden und Autos zu verändern.

Wir werden uns mit dem Trend zu Pop-up-Veranstaltungen, Feiern unter freiem Himmel, aber auch mit Parklandschaften, Schanigärten und grüneren Beserlparks im städtischen Raum befassen. Was können Lastenräder innerhalb von 5 Minuten in einen Raum bringen? Wie können Cafés zu Indoor-/Outdoor-Veranstaltungen, Tanzkursen oder Public Viewings geöffnet werden?

Welche Möglichkeiten sehen wir in der Post-Corona-Zeit, um unsere Städte in etwas Gesünderes, Soziales und Spannendes zu verwandeln? Auf der ganzen Welt gibt es spannende Pilotprojekte, um die Straßen mit etwas Farbenfroherem und Freundlicherem als parkenden Autos zu füllen. Können wir hier Fußball spielen oder dort tanzen, Rollschuh laufen oder Bäume pflanzen? Das sind hippe Entwicklungen, mit denen eine Stadt zeigen kann, wie zeitgemäß und lebensnah sie für ihre Bewohner ist. Oder auch nicht.

Eugene Quinn und sein politisches Kollektiv Whoosh waren an vielen Straßenveranstaltungen in Wien beteiligt, wie der Silent Disco, dem Streetlife Festival, Wohnstrassenleben und einer Massentanzveranstaltung im #kommraus - Forum Öffentlicher Raum im Jahr 2019.

Was kann man von der Tactical Urbanism-Bewegung in den USA lernen? Man soll alles als ein Experiment oder einen Test oder ein Pilotprojekt präsentieren und dann beobachten, wie sich das entwickelt. Einige dieser Veränderungen sind vorübergehend, andere dauerhaft. Einige erweisen sich als so populär, dass sie zur neuen, attraktiven Normalität werden. Natürlich wird es Widerstand geben - die Autolobby ist stark, wütend und konservativ. Auf welcher Seite steht die Stadtverwaltung, gesunde Menschen oder schnelle Autos?

Wir müssen abenteuerlustig sein. Die Geschichte der Innovation besteht darin, dass Optimisten Dinge ausprobieren, manchmal scheitern, aber nicht aufgeben. Und die Geschichte der Menschheit ist mehr oder weniger endloser Fortschritt. Die meisten Menschen, die unsere gegenwärtige Situation analysieren, können erkennen, dass so viele geparkte Autos eine Verschwendung von Platz, Metall und Energie sind. Es gibt attraktive Alternativen.

Können Stadtverwaltungen es den Menschen erleichtern, Veranstaltungen zu organisieren? Wien entwickelt einen digitalen One-Stop-Shop, Wien Gibt Raum, wo es die Möglichkeit besteht eine Webseite auszufüllen und somit den eigenen Projekt zu beschreiben: Die Behörde wird nach Eintragung des Projektes alle erforderlichen Genehmigungen einholen. Projekte sollten idealerweise eine Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Gruppen sein, so dass es eine breitere Beteiligung, Sichtbarkeit - und Transparenz gibt.

Dass einige Leute eine Initiative ablehnen, zeigt, dass es sich um etwas Neues und Wichtiges handelt. Das Gürtelfrische #West Freibad am Gürtel zeigt dies ebenso wie das Pop-up Radweg an der Praterstrasse. Der Trend zu Pop-up-Shops und Strassenmärkten zeigt, dass die Öffentlichkeit gut auf Innovationen reagiert, und das zeigt sich auch an den Zwischennutzungen für leerstehende Gebäude und der Störung so vieler digitaler Startups.

Es gibt Macht und Befreiung, Ungezogenheit und Rebellion, wenn man auf die Straße geht, sei es, um mit Freunden Fußball zu spielen oder zu demonstrieren, dass Schwarz Materie lebt. Mitten in der Nacht gehen die Menschen oft spontan mitten auf der Straße nach Hause. Aber wie können wir visuell vermitteln, dass Straßen auch für Menschen da sind und sie spannender machen? Mit Kunst, Möbeln, Natur und Wasser. Und mit Musik.

Früher waren die Straßen voller Menschen, und dies zu erkennen, ist nützlich, um zu zeigen, dass die Dominanz der Autos ein kurzfristiger historischer Moment ist. Wir werden uns einige alte Bilder von Menschen ansehen, die auf dem Ring zwischen Straßenbahnen hin- und herlaufen, oder von Kindern, die vor ihrem Haus spielen. Der Brunnenmarkt ist der längste Straßenmarkt in Europa, und die Menschen haben zu Silvester jahrzehntelang den Walz am Graben getanzt. Auch Wien erlebt nun in Leopoldstadt seine erste Wende Strasse-zum-Park. Die Stadt verbindet auch Klimakollaps und neue Straßennutzungen mit ihrem Sommer-Remix Coole Straßen in einigen der städtischen Hitzeinseln der Stadt.

Dieses Vortragsthema wurde Eugene im vergangenen September vergeben, aber es könnte für diesen Corona-Sommer nicht relevanter sein. Das Thema entwickelt sich im Moment fast täglich weiter. Und natürlich ist es ein wichtiges Thema im Hinblick auf den Klimawandel, da die Temperaturen steigen und sich die Stadt zunehmend ins Freie verlagert. Wien ist eine schnell wachsende Stadt, aber die Größe des Stadtgebietes nimmt nicht zu, stattdessen werden wir immer dichter leben. Der öffentliche Raum wird also voller und wichtiger. Die Menschen brauchen ihn, und doch nehmen die Autos das meiste davon ein. Und auch in sozialer und politischer Hinsicht ist der öffentliche Raum der Ort, an dem wir unsere Filterblase platzen lassen und der vielfältigen Stadt begegnen. Eugene wird also den weiteren Kontext darstellen, warum diese Veränderungen von Bedeutung sind.

Auch der öffentliche Sport spielt eine wichtige Rolle bei der Öffnung der Straßen: Marathonläufe, Radrennen oder auch Flash-Mob-Tanzprojekte und Public Viewings während großer Fußballturniere.

Eugene möchte weiters auch zeigen, wie die Presse eine konstruktive Rolle spielen kann, um neuen Initiativen einen Kontext und ein Kampagnenelement hinzuzufügen. Er wird zeigen, wie seine Erfahrungen an Ihre Stadt und ihre lokalen Medien weitergegeben werden können.

Die Klimakatastrophe kommt sehr schnell auf uns zu und erfordert gewaltige Veränderungen, um das Überleben unseres Lebens, so wie wir es kennen, zu ermöglichen. Aber wir müssen dies so gestalten, dass wir die Straßen für kreatives Spiel zurückerobern - und deshalb werden wir uns mit der best practice auf der ganzen Welt befassen.